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Obstregion Rheinhessen | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Landkreise mit Obstbau: Mainz-Bingen, Alzey-Worms, Städte Mainz, Worms Lage Die Region Rheinhessen in der Mitte von Rheinland-Pfalz wird von einem Rechteck umrissen das sich aus der Rheinschleife von Alzey nach Worms über Mainz zur Nahemündung in Bingen bildet. Geschützt von Hunsrück und Taunus aus nördlicher Richtung dem Odenwald aus östlicher Richtung und dem Pfälzerwald mit dem Donnersberg in westlicher Richtung ergibt sich ein für Wein- und Obstbau günstiges Klima. Von 80 - 90 Metern im Rheintal steigt die geografische Höhe auf 100 bis 150 m in der Übergangsterrasse und schwingt sich im Rheinhessischen Hügelland auf 200 bis 275 m hoch. Die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt mit 10,2° C deutschlandweite auf einem sehr hohen Niveau. Das sommertrockene Klima wird zusätzlich geprägt durch knappe Jahresniederschläge um 540 mm und 1950 Sonnenstunden. Geologie Böden der Rheinniederung sind neben schmalen Schwemmlandablagerungen überwiegend leichte meist kalkhaltige Sande bis in Hanglagen und dann wechselhaft von kiesig bis zu Ton- und Kalkmergeln, während auf dem Plateau Lößböden wechselnder Mächtigkeit vorherrschen. Kleinklima und Bodenwerte zwischen 18 bis 86 ergeben damit stark wechselnde Bedingungen und bestimmen die Kulturart. Ein meist hoher Kalkgehalt setzt Grenzen, so dass Unterlagen - wie Sortimentsfragen - sehr differenziert zu sehen sind. Reifeverschiebungen bis zu 14 Tage verlängern die Erntezeit, wie sie den Anbau von Frühsorten in Spätlagen ausschließen. Totalausfälle durch Spätfrost wurden bisher jedoch dadurch vermieden. Mit 2582 ha Obstfläche, die von 925 Betrieben bewirtschaftet wird, befindet sich in Rheinhessen das größte zusammenhängende Obstanbaugebiet in Rheinland-Pfalz. Obstbau früher und heute Die Spuren der geschichtliche Entwicklung und die klimatischen Besonderheiten prägen bis heute die Strukturen des Obstbaus. Bereits in frühgeschichtlicher Zeit begannen die Römer, neben dem Weinbau, sich mit der Kultur feinerer Obstarten zu befassen. Aus dem Mittelalter sind in einer Verordnung Karls des Großen (724 - 814) sind eine Liste von etwa 100 Sorten Kulturpflanzen und erste Anordnungen für die Baumanzucht im Obstbau benannt. Auch die Bestimmung, dass jedes Ehepaar sechs Obstbäume pflanzen musste, was bevorzugt in der Rheinniederung erfolgte, stammt aus seiner Zeit. In der Folge bewahrten die Mönche die Kenntnisse in den Klöstern, bauten selbst Obst an und erfüllten das Vermächtnis, vom Mittelalter bis zur Neuzeit aufklärend und aufbauend zu wirken. Eigene Beobachtungen, wie z. B. von Hildegard von Bingen (1098 - 1179) ergänzten und vertieften den obstbaulichen Wissensstand. Dokumente aus dem 15. Jahrhundert berichten bereits von größeren Kirschenpflanzungen, aber auch von Spillingen, Zwetschen, Birnen, Äpfeln und Nussbäumen. Selbst Pfirsiche und Aprikosen gediehen vereinzelt auf den wüchsigen Sandböden. Die napoleonische Epoche brachte eine Realteilung der Landgüter in viele kleinbäuerliche Betriebe, die sich nun verstärkt den arbeitsintensiven Obstkulturen widmeten. Die Förderung des Aprikosenanbaues (Maleten) im Mainzer Becken, wie auch die Obstpflanzungen längs der Straßen finden hier ihren Ursprung. Besonders erwähnt wird der Haxthäuserhof - zwischen Ingelheim und Mainz gelegen - mit bereits ausgedehnten einheitlichen Steinobstpflanzungen im 18. Jahrhundert. Der Zeitraum 1870 bis zur Jahrhundertwende war die Phase eines enormen obstbaulichen Aufschwungs. Stabile politische Verhältnisse bei zunehmender Bevölkerung und die Eisenbahn als schnelles, günstiges, neues Transportmittel erlaubten, Obst über den Bedarf der nahen Märkte anzubauen. Der Schwerpunkt des obstbaulichen Fortschritts lag dabei in den Niederungen des Mainzer Beckens. Dessen tertiäre Sandböden stellten nach Waldrodung bei günstigem Grundwasserstand (vor der Rheinvertiefung) humusreiche, ideale leicht bearbeitbare Standorte für Spargel und Frühobst dar. Der Obstanbau im rheinhessischen Hügelland verharrte dagegen im bäuerlichen Streuobstanbau und diente vorwiegend der Selbstversorgung. Die ansteigenden Obstmengen brachten um 1900 zunehmende Abhängigkeit vom Handel und Preisverfall. Dies führte in den Orten mit konzentriertem Obst- wie Gemüseanbau sehr schnell zur Gründung von Obst- und Gartenbauvereinen zur Zusammenfassung des vielfältigen Angebotes der landwirtschaftlichen Klein- und Nebenerwerbsbetriebe. Allgemein verlief dabei die Entwicklung in Richtung Absatzgenossenschaften, die gegen Verkaufsprovision die Einzelposten erfassten, zusammenstellten und versuchten, am Markt kostendeckende Erlöse zu bekommen. Nach dem 1. Weltkrieg gewann der Obstanbau an Bedeutung zur Absicherung gegen Arbeitslosigkeit und Zuerwerb, die durch den Willen zur autarken Wirtschaftsweise und die Gesetzgebung im 3. Reich von 1933 bis 1945 verstärkt wurde. Auf Druck der wirtschaftlichen Anpassung im EG-Markt erfolgte eine Fusion der 4 Obstgroßmärkte im Jahre 1968 zu den Vereinigten Großmärkte für Obst- und Gemüse Rheinhessen eG mit Sitz in Ingelheim. Um 1960 spielt der Obstbau in größeren Gebietsteilen von Rheinhessen eine wichtige Rolle. Anbauschwerpunkte sind: Süß- und Sauerkirschen im Gebiet zwischen Mainz und Bingen und im Südteil des Kreises Worms, Pfirsiche von Mombach ausgehend, Birnen, Äpfel und Zwetschen besonders im Raum Gau-Algesheim und Worms. Sauerkirschen: Um 1980 befindet sich in Rheinhessen der Anbauhöhepunkt Deutschlands für dunkle Sauerkirschen. Die Kulturbedingungen im trockenen Klimaraum liefern erhöhte Inhaltstoffe. Die Ernte mit Stiel durch die Familien ergänzt um den Freundeskreis sichert eine qualitativ hochwertige-lagerfähige Ware. Die Erntemengen an den Wochenenden übersteigen die 20 000 dt. Diese Tonnagen werden von den VOG-Ingelheim mit neu eingerichteten leistungsfähigen Kühl- und CA-Lagern gut gemeistert. Viruskrankheiten, hier die Stecklenberger Virose, macht sich in den Pflanzungen durch erste massive Ertragsausfälle bemerkbar. Die Prosperität der Kultur ist ab 1984 durch massive Einfuhren aus Ost-Staaten, verbunden mit einer Halbierung des Preises unter der Kostendeckung, jäh zu Ende. Nach Überwindung des Preistiefs entstanden mit der Sorte `Gerema´ und `Ungarische Traubige´ seit Mitte der 90er Jahre ca. 150 ha Neuanlagen, die speziell auf maschinelle Ernte ausgerichtet sind. Es entstehen einige wenige Spezialbetriebe, die mit spezieller Technik einen rationellen Sauerkirschenanbau bewerkstelligen können. Gleichzeitig verschwinden Sauerkirschanlagen für die Handernte ('Schattenmorelle', 'Heimanns Rubin') ersatzlos aus den Betrieben, sobald sie wegen Alterung oder Gesundheitszustand unwirtschaftlich geworden sind. Zwetschen Mit dem Auftreten der Scharkavirose wurde der Zwetschenanbau wegen Ertrags- und Qualitätseinbußen zunehmend unrentabel. Bei der Anpflanzung neuer Zwetschenanlagen in den "1990ern" entwickelten sich 2 Anbaustrategien: Der ständige Infektionsdruck in den herkömmlichen Anbaugebieten führte zur ausschließlichen Verwendung von Scharka toleranten Sorten. In den ackerbaulich geprägten Gemarkungen ist der Infektionsdruck wesentlich geringer einzustufen, da hier die Virusübertragung von Wirtspflanzen erschwert ist. Diese „Gesundlagen“ werden für den Anbau Scharka empfindlicher Sorten mit hoher Vermarktungsqualität (z.B. 'Hauszwetsche') genutzt. Neben der Verwendung als Backzwetsche entwickelte sich in den vergangen Jahren zusätzlich ein kleines Absatzsegment für den Frischverzehr. Dafür werden spezielle Sorten mit guten Geschmacksqualitäten im baumreifen Zustand vermarktet. Mirabellen Dank der idealen Standortvoraussetzungen hat sich der Mirabellenanbau in den vergangen 20 Jahren auf über 150 ha entwickelt und ist damit zur größten Mirabellenregion außerhalb Frankreichs geworden. Die besten Qualitäten sind dem Frischmarkt vorbehalten. Die guten Mechanisierungsmöglichkeiten haben auch zu einer stattlichen Produktion für die Fruchtverarbeitung (Nasskonserve, Destillation etc.) geführt. Kernobst: Mit dem Rückgang der Sauerkirschenproduktion verlagerte sich die Obstproduktion in Richtung Kernobst. Der größte Teil der Äpfel und Birnen wird über die genossenschafltiche Vermarktung abgesetzt. Für das Frühgebiet spielt dabei besonders das Sommer- und Herbstgeschäft eine gewichtige Rolle. Mit neuester Lager- und Sortiertechnik ist mittlerweile auch ein fast ganzjähriges, flexibles Kernobstangebot möglich. Mit zunehmender Erntemenge dieser hochwertigen Sorten und kaum kostendeckenden Auszahlungen für Lageware begann in den 90er Jahren die Ära der Direktvermarktung. Inzwischen bewegt sich der Trend zum umfangreicheren Sortiment, möglichst mit einem ganzjährigen Frischeangebot und ergänzt durch verwandte Produkte. Ab 1996 erfolgen unter dem Landeszeichen “Aroma-Obst” gemeinsame Werbemaßnahmen an Endverbraucher durch einen Teil der Betriebe. Die Direktvermarktung konzentriert sich auf ein paar wenige spezialisierte Betriebe.
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