Pilzwiderstandsfähige Sorten

Dr. Matthias Petgen, DLR Rheinpfalz, Abteilung Weinbau und Oenologie

Der Anbau von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten ist in der Praxis noch relativ neu, obwohl mittlerweile einige Züchtungsinstitutionen vielversprechende Sorten gekreuzt haben. Der Begriff „pilzwiderstandsfähig“ ist im Vergleich zu anderen Bezeichnungen wie „resistent“ oder „interspezifisch“ die bessere Wahl. Im Anbaugebiet Pfalz sind 622,5 ha mit roten pilzfesten Sorten bestockt (3% von der Gesamtrebfläche, vgl. Abbildung 1), wovon der Regent bereits 618 ha einnimmt (vgl. Abbildung 2). Diese hohen Anbauzahlen gehen auf die anhaltend hohe Rotweinnachfrage sowie das Umstrukturierungsprogramm, in dem der Regent weiterhin gefördert wird, zurück. Der Anteil von weißen Piwis macht nur 0,1% an der Gesamtrebfläche aus und beträgt 14,9 ha (vgl. Abbildung 1). In der Abbildung 3 sind die wichtigsten roten pilzwiderstandsfähigen Rebsorten im Anbaugebiet Pfalz dargestellt (ohne Regent). Dabei nehmen die verschiedenen Züchtungen von Valentin Blattner aus der Schweiz einen großen Stellenwert ein. Bei den weißen Piwis fällt mengenmäßig die Sorte Phoenix auf, die auf 7,7 ha angebaut wird (vgl. Abbildung 4). Die Kreuzung aus Bacchus x Villard Blanc des Institutes für Rebenzüchtung Geilweilerhof in Siebeldingen wurde bereits 1994 klassifiziert, ist aber sicherlich aufgrund der hohen Fäulnisneigung weinbaulich überholt. Alle anderen Sorten liegen im Anbau unter 1 ha.

Abbildung 1:Anteil pilzwiderstandsfähiger Rebsorten (Piwis) und konventioneller Rebsorten an der Gesamtrebfläche im Anbaugebiet Pfalz


Abbildung 2:Prozentuales Verhältnis von roten und weißen pilzwiderstandsfähigen Rebsorten im Anbaugebiet Pfalz


Abbildung 3:Mit roten pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (ohne Regent) bepflanzte Rebfläche im Anbaugebiet Pfalz (Weinjahr 2004/2005)


Abbildung 4:Mit weißen pilzwiderstandsfähigen Rebsorten bepflanzte Rebfläche im Anbaugebiet Pfalz (Weinjahr 2004/2005)

In einer Umfrage vom DLR Rheinpfalz in Neustadt zum Thema „Welche Chance haben Piwis“ führten die Betriebsleiter als Gründe für den Anbau den verminderten Pflanzenschutzmittelaufwand sowie geringere Bodenverdichtungen durch weniger Überfahrten an. Gerade für hofferne Weinberge, Einzelparzellen oder Steillagen könne Arbeitszeit eingespart werden. Für Ökobetriebe sind die Piwis besonders interessant, wenn auch in einer Umfrage von Schmidt-Tiedemann et al. (2003) in einer Status-Quo-Analyse für den ökologischen Weinbau der Anteil von weißen (2%) bzw. roten Piwis (6%) an der Gesamtrebfläche ebenfalls noch sehr niedrig ausfiel. Flächen, die an Wohngebiete, an Gewässern oder terrestrischen Strukturen angrenzen, bieten sich besonders für Piwis an. Viele Betriebe sehen neue und interessante Vermarktungsmöglichkeiten von Weinen pilzfester Sorten. Gegen den Anbau von Piwis spricht die bereits bestehende Sortenvielfalt in vielen Betrieben sowie der noch geringe Bekanntheitsgrad, der möglicherweise auch an der nicht immer gelungenen Namensbezeichnung einiger Sorten liegt. Im folgenden Beitrag soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten pilzwiderstandsfähigen Rebsorten und deren weinbauliche Eigenschaften gegeben werden.
Folgende Züchtungsinstitutionen beschäftigen sich mit Piwis:
(mit * gekennzeichnete Sorten sind bereits klassifiziert; kursiv geschriebenen Sorten sind Rot; die Übersicht erhebt kein Anspruch auf Vollständigkeit):

·Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen - Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof in Siebeldingen
- Orion*- Sirius- Regent*
- Phoenix* Staufer*- Reberger
- Pollux- Villaris - Calandro
- Felicia
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·Privat-Züchter Valentin Blattner (Soyhieres, Schweiz); Sortenschutzinhalber für Deutschland ist die Rebschule Freytag in Neustadt/Lachen-Speyerdorf:
- Pinotin
- VB 91-26-17- VB 91-26-4- VB 91-26-1
- VB 91-26-29- VB 91-26-5- VB 30-21
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·Forschungsanstalt Geisenheim, Institut Weinbau und Rebenzüchtung, Fachgebiet Rebenzüchtung und Rebenveredlung
- Saphira*- Sibera- Rondo*
- Serena- Primera
- Hibernal*- Prinzipal*
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·Staatliches Weinbauinstitut Freiburg, Referat Resistenz- und Klonenzüchtung
„Cabernet-Typ“:„Frucht-Typ“„Neutral-Typ“
- Cabernet Carbon- Baron - Merzling*
- Cabernet Carol- Monarch- Helios*
- Cabernet Cortis- Piroso - Bronner*
- Cabernet Cantor- Solaris*- Prior
- Johanniter*
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·Höhere Bundeslehranstalt und Bundesamt für Wein- und Obstbau Klosterneuburg, Österreich
- Roesler- Rathay- Seifert
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·Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Sachgebiet Rebzüchtung und Sortenwesen
-Wü 83-6-8-Wü 86-10-167-Wü 86-17-50
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·DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Abteilung Weinbau, Oenologie und Weinmarkt
-AZ 82-17-89-11-AZ 8-14-102
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Der Regent als wichtigste rote pilzfeste Sorte zeigt eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Peronospora, die Oidiumresistenz kann eher als mittel bis schwach eingestuft werden. Die Sorte ist aufrechtwachsend mit geringer Geiztriebbildung. Die Lageansprüche sind als gering einzustufen, da relativ frosthart und frühreif. Die Traube ist lockerbeerig und gut ausgefärbt. Für den Erfolg spricht sicherlich die sehr gute Weinqualität („südländischer Charakter“). Der Wein ist säurearm mit ausgeprägter Gerbstoffnote. Die neuen pilzfesten Sorten des Züchters Valentin Blattner werden mit großem Interesse von der Praxis verfolgt. Die weiße Sorte VB 91-26-1 zeigt eine gute Widerstandsfähigkeit gegen Oidium, Peronospora und Botrytis. Die Traube ist gemischtbeerig, d.h. normalgroße und jungfernfrüchtige Beeren kommen abwechselnd vor. Der Wuchs ist kräftig, die Laubwand ist trotzdem aufgelockert. Der Wein erinnert sehr an einen Sauvignon blanc. Bei den roten Blattner-Züchtungen wird der Pinotin (VB 91-26-19) in der Pfalz auf 1,3 ha angebaut (vgl. Abbildung 3). Die Traube ist sehr lockerbeerig. Der Reifezeitpunkt liegt etwa 1 Woche nach dem Regent. Der Pinotin weist eine gute Widerstandsfähigkeit gegen Oidium, Peronospora und Botrytis auf und ist auch für Trockenstandorte geeignet. Der Wein besitzt eine rubinrote Farbe, im Duft erinnert er an schwarze Kirschen (Pinot-Typ). Ebenfalls vielversprechend ist VB 91-26-17, eine Kreuzung mit Cabernet Sauvignon. Die Sorte besitzt eine feste Beerenhaut, der Wuchs ist stark und aufrecht. Die Traube ist schmal, lockerbeerig und wenig geschultert. Der Wein entspricht dem internationalen Rotweintyp, im Geschmack an Cabernet Sauvignon erinnernd, im Duft nach Waldfrüchten und Brombeeren. Die Geisenheimer Züchtung Prinzipal ist seit 1999 klassifiziert. Die Sorte ist starkwüchsig, aufrechtwachsend mit geringer Geiztriebbildung und hat ein mittleres Ertragsniveau bei hohen Mostgewichten. Es besteht nur eine mäßige Widerstandsfähigkeit gegen Oidium und Peronospora. Der Wein hat Riesling-Charakter, ist säurebetont und fruchtig. Das Weinbauinstitut in Freiburg hat eine große Palette an Piwis in den letzten Jahren gezüchtet (s.o.). Bei den weißen pilzfesten Sorten ist der Johanniter wohl der bekannteste. Hierbei handelt es sich um eine Kreuzung aus Riesling x (Seyve-Villard 12-481 x (Ruländer x Gutedel). Die Sorte ist seit 2001 klassifiziert und ist ausreichend widerstandsfähig gegen Peronospora und Oidium; durch die kompakte längliche Traubenstruktur aber ausgesprochen botrytisanfällig. Die Reife erfolgt vor Riesling, mittlere Lagen genügen somit. Der Wein ist kräftig und hat eine Ähnlichkeit zu Riesling oder Sauvignon blanc. Die ebenfalls klassifizierte Rebsorte Solaris hat einen kräftigen, aber nicht ganz aufrechten Wuchs mit dichtstehenden Blättern mit gedrungener Laubwand. Der Blütebeginn liegt vor den Standardsorten. Das Ertragsniveau ist vergleichbar mit Müller-Thurgau. Die Reife ist sehr früh mit hohen Mostgewichten, weshalb die Weine oftmals mächtig und alkoholbetont sind. Sie ist auch für den ersten Federweißer gut geeignet. Aus der Gruppe der Cabernet-Typen soll exemplarisch der Cabernet Carbon vorgestellt werden. Der Wuchs dieser Sorte ist vergleichbar mit den Burgundersorten, die Ernte liegt etwa 10 Tage nach dem Spätburgunder. Die Lageansprüche sind sehr hoch. Die Trauben sind groß, länglich und wenig geschultert. Die Oidium-Resistenz gilt als mittel bis gut. Der Wein ist sehr würzig mit intensiver Cabernet-Note.
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RegentPinotinCabernet CarbonRoesler
Prinzipal JohanniterSolarisPhönix
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Zusammenfassend kann gesagt werden, dass aus weinbaulicher Sicht viele interessante pilzfeste Sorten zur Verfügung stehen, die das Angebot in den Betrieben bereichern könnten. Die Pilzfestigkeit ist teilweise unterschiedlich, zwei bis drei Spritzungen sind aus Sicherheitsgründen angebracht. Nun gilt es das Interesse der Verbraucher für diese innovativen Sorten mit überzeugenden Weinqualitäten zu wecken, die Nischen im Angebot besetzen, die mit dem bisherigen Angebot noch nicht abgedeckt wurden.


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